Auszug aus der Studie "Kunststadt Stuttgart"

Oberwelt e.V.

Die Gründung der Oberwelt geht auf das Jahr 1978 zurück. Aus der Produzentengalerie Dialog in der Reinsburgstraße entstand ein Verein für Kunstvermittlung, der zwar kontinuierlich an seinem Programm arbeitete, aber immer wieder seinen Namen änderte, so daß vielleicht anfangs der Eindruck entstehen konnte, es handele sich jeweils um eine andere Einrichtung. Nach den jüngsten Umbenennungen in Kunstraum und Kunstitut firmiert der Verein seit 1992 als Oberwelt. Die Oberwelt ist das, was man vielleicht einen alternativen Trendsetter nennen könnte: Seit seiner Gründung war der Verein immer am Puls der Zeit, sowohl was die Kunst anbetrifft als auch im Bereich der Theorie. In ihrem vielfältigen Programm und den regelmäßig stattfindenden Ausstellungen in dem kleinen Raum in der Reinsburgstraße, beweist die Oberwelt immer wieder, daß sie äußerst informiert und engagiert ist und zeigt oft Künstler, die einige Jahre später zu den erfolgreichsten Avantgardisten gehören. Diese gleichbleibende hohe Qualität ist um so erstaunlicher, da von den 30 Mitgliedern lediglich etwa sechs aktive Mitglieder das Programm mit einem sehr knappen Budget erarbeiten und realisieren. Zu den jährlichen Einnahmen von ca. DM 1.800,- durch die Mitgliedsbeiträge kommen öffentliche Gelder von Stadt und Land über ca. DM 13.000,-. Abzüglich der Jahresmiete von DM 9.600,- bleibt also nicht sehr viel übrig und es ist sehr viel Eigenengagement gefragt.

Mit ihrem experimentellen Zugang und der bedingungslosen Parteinahme für die Freiheit der Kunst besetzt die Oberwelt eine Lücke in Stuttgart, die von anderen Einrichtungen, die sich junger, nicht bekannter Kunst widmen, nicht geschlossen wird. Hier befindet sich der experimentelle Freiraum, den eine Stadt dringend benötigt, um eine Kunststadt zu sein. Ein Kritikpunkt an der Oberwelt ist, daß die Öffentlichkeitsarbeit nicht genügend forciert wird was sich unter anderem in einem Mitgliederschwund auswirkt. Angesichts der geringen finanziellen Mittel und der ehrenamtlichen Tätigkeit der aktiven Mitglieder bleibt dafür allerdings auch wenig Raum. Mögliche Unterstützung von Seiten der Stadt liegt in der Finanzierung einer Halbtagsstelle, die die notwendige, kontinuierliche Basisarbeit zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der lnfratstruktur des Vereins gewährleisten könnte.

(Studie des Instituts für Kunstgeschichte an der Universität Stuttgart im Auftrag der Landeshauptstadt Stuttgart, Frühjahr 2000, Seite 97)

 

 

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