Kitsch und Kunst

Julia Finkbeiners Sammelsurium in der Galerie Oberwelt

Man kann ja nicht oft genug darüber nachdenken. Der so genannte Kunstbegriff ist bis heute ein viel diskutiertes, bedachtes und beachtetes Problem. Selbst wenn sich ein Hobbymaler mit linkischem Strich porträtiert, so kann man schon ins Grübeln kommen, ob das Werk nun wirklich das Prädikat Kunst verdient. Oder diese Teelichter, die liebevoll mit rosa Wolle umhäkelt wurden, wie steht es mit denen? Oder der Schwan, der da so emsig aus Wollfäden zusammengeklebt wurde. Es ist Kitsch und manchmal auch Kunst, Pikantes und Geschmackloses, Kurioses und Historisches, was die Künstlerin Julia Finkbeiner zu einer beachtlichen Sammlung zusammengetragen hat.

In der Galerie Oberwelt zeigt Julia Finkbeiner nun ihre Schätze, Gemälde und Fotografien, Comics, Kritzeleien und Fundstücke verschiedenster Provenienz. Es ist ein amüsantes Sammelsurium, was man da zu sehen bekommt, ebenso denkwürdig wie fragwürdig, in jedem Fall von heiterer Leichtigkeit. "Life can get heavy, Mascara shouldn't'' ("Das Leben kann schwer werden, Wimperntusche sollte es nicht'') steht beispielsweise auf einem großen Plakat, das ironisch auf die Welt der Werbung verweist.

Hier ein Plattencover vom Wurzenmax, dort ein Foto vom Haareschneiden, Computerzeichnungen und eine Reproduktion von Monets "Seerosen'', ein Comic vom "Naturistenstrand'', eine Halskette mit dicken, schweren Muttern. Die Sammlung ist voll wundersamer Objekte und birgt allerhand Überraschungen. Gerade weil hier so scheinbar wahllos kuriose Stücke versammelt wurden, stellt sich auf unterhaltsame Weise die Frage nach Kunst und Aura in einer reizüberfluteten und zwanghaft kreativen Gesellschaft.

Bis 16. September, geöffnet nach Vereinbarung, Telefon 8106284.

Von Adrienne Braun

Stuttgarter Zeitung, 4. 9. 2000

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