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Gesellschaft im Umbruch. Zur Kritik des Neoliberalismus

Seminar mit Andreas Weber, Wien

Beobachtet man die aktuellen Diskussionen um die moderne Gesellschaft, so zeigt sich eine paradoxe Situation. Obgleich wir doch wissen, dass die Ökonomie - neben der Politik, der Wissenschaft, der Kunst usw. - nur eines von verschiedenen Funktionssystemen der modernen Gesellschaft ist, dominieren in der Politik und auch in weiten Teilen der Massenmedien die Diskurse des Neoliberalismus. In ihnen wird die moderne Gesellschaft primär unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet und in der Komplexität ihres soziokulturellen Lebens auf ökonomisches Handeln reduziert.
Aus der Perspektive eines soziologischen Gesellschaftsverständnisses kann das nicht richtig sein. Die Reduktion von Gesellschaft auf Ökonomie erweist sich vielmehr als Ideologie. Sie scheint dabei die Funktion zu haben, die Ungleichverteilung gesellschaftlichen Reichtums bei gleichzeitiger Kollektivierung (z.B. der Vernichtung des ökologischen Systems oder der soziokultureller Lebenswelten) und Individualisierung (z.B. der subjektiven Zurechnung von Arbeitslosigkeit) gesellschaftlicher Kosten zu verschleiern. Die Frage, ob es nicht auch Alternativen zu einer neoliberalen Modernisierungspolitik gibt, die gegenüber den soziokulturellen und ökologischen Kosten eigentümlich immun ist, wird kaum mehr gestellt. Diese Fragen auszugrenzen, bedeutet allerdings, die existentiellen Lebensinteressen der Mehrzahl der Menschen, die unter den Bedingungen der modernen Gesellschaft ihr Leben führen und auch: führen müssen, zu ignorieren.
In diesem Seminar soll es deshalb darum gehen, sich ein realistischeres Verständnis des aktuellen gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses zu erwerben. Dabei sollen in einem ersten Schritt Texte soziologischer Autoren gelesen werden, die den Bedingungszusammenhang von Gesellschaft - Ökonomie - Subjekt problematisieren. Des Weiteren soll die die Sozialstaatsproblematik sowie den politischen Verarbeitungsstrategien ökonomischer Systemkrisen nachgegangen werden. In einem weiteren Schritt wird es darum gehen, die Frage nach der Verklammerung von ökonomi-schen und kulturellen Entwicklungen zu rekonstruieren. Dabei soll die Genese als auch die Kritik einer Lebenskultur, die in der Arbeit ihr zentrales Sinnmedium sah, anhand ausgesuchter Quellen nachgezeichnet werden.

THEMEN

1. Einleitung: Gesellschaft im Umbruch und die Frage nach den Sub-jekten
2. Gesellschaft und Ökonomie und Subjekte in der soziologischen Ge-sellschaftstheorie (Marx, Bordieu, Luhmann).
3. Gesellschaft und Politik: Der Einbruch struktureller Amoral und die Ausdifferenzierung des Sozialstaates
4. Gesellschaft und Kultur: Zur Genese und Kritik einer arbeitszentrierten Lebenskultur



22. juli bis 14. dezember 1999

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