(english version)
Für seine Videos engagiert Stefan Panhans die von ihm ausgesuchten
Models zu einem Casting, beschreibt ihnen die gewünschte Bildqualität
und lässt die Models dann dazu vor der Videokamera Kostproben abgeben.
Dazu spielt er jeweils passende Hintergrundmusik ab, deren Länge
auch die Länge des "Castings" bestimmt. Er selbst schaut
während dessen nicht mehr durch die Kamera, sondern wendet sich ab
oder verlässt den Raum. Nachträglich klärt er die Models
dann über den "Fake" auf. Die entstandenen Clips machen
uns zu Voyeuren eindringlicher, absurd wirkender, kleiner Dramen oder
vielleicht noch treffender: "Mini-Reality-Soaps" der alltäglich
- nicht nur in Fotostudios - verrichteten Arbeit individueller Annäherungen
an gesellschaftlich prägnante Rollenmuster und Posen.
Seine neue Serie Fotografien von Shoppingstars scheint aus einer Art,
fast surreal anmutenden globalisierten Echopark zu kommen, in dem die
ProtagonistInnen sich bemühen, die Haltungen, Styles und Posen ihrer
supranationalen Vorbilder, die auf den für sie zugeschnittenen Medienkanälen
überall als Identifikationsangebote an sie verteilt werden, so gut
wie möglich nachzuahmen. Diese ständige Selbstinszenierung gelingt
ihnen teilweise so erstaunlich gut, dass man denken könnte, sie würden
eigentlich immer mit einer im eigenen Kopf eingebauten Kamera durch die
Welt gehen, durch die sie sich immerzu wahrnehmen und nach deren Wünschen
sie sich so fantastisch bildgerecht bewegen.
Kathrin Busch 2005 in einem Einladungstext der Galerie
Olaf Stüber Berlin:
" Die seit 2002 stetig komplettierte Fotoserie »Red Light,
White Sands, Black Palms« weist einen Fundus von mit der Kamera
en passant eingefangener Selbstinszenierungen auf, deren ProtagonistInnen
sich gekonnt in die Styles und Posen medial vermittelter, supranationaler
Vorbilder eingeübt haben und sich damit auf den Bühnen hochkommerzialisierter
Innenstadtlandschaften zeigen. Die offensichtliche 'Unkunsthaftigkeit’
der Fotografien verrät, daß die gekonnten Stilisierungen weniger
beim Künstler als aufseiten der Motive anzusiedeln sind, geht es
doch auch um die jeder konkreten Ablichtung vorausgehende Bildwerdung
des Subjekts unter dem diktatorischen Regime der Bilder. Dabei verschleift
die teilnehmende Beobachtung der Kamera die Möglichkeit kritischer
Distanznahme zugunsten komplizenhafter, sich der Schaulust nicht verweigernder
Recherchen. Für die neuesten Fotos der Serie läßt sich
eine Verlagerung verzeichnen hin zu seltsam, fast surreal anmutenden Szenerien
in denen sich Stile brechen, Unstimmigkeiten und Übertreibungen die
Klischees verdrehen bis sich die zuvor eindeutigen Semantiken verlieren.
Im collageartigen Aufeinandertreffen des Disparaten springen die Oberflächen
für andere, unvorhergesehene Bilder auf.
In seiner jüngsten Videoarbeit »Pool«, 2004 verstärkt
Panhans die befremdende, der Zusammenstellung des Heterogenen innewohnende
Kraft. Er ergänzt die bildliche um eine sprachliche Dimension und
läßt eine Schauspielerin in einem Smart vor unbestimmter Landschaft
sitzend einen Text rezitieren, der die Imperative der Selbststilisierung
formuliert. Im Widerstreit zur traumversunken-unwirklichen Inszenierung
steht die 7 minütige Aufforderung:
»Also hör mal, wir haben da so eine Produktion laufen, dazu
brauchen wir Leute, die sich was trauen, die zu sich stehen. Echte Charaktere,
ganz eigene, selbstbewußte Typen. Du müsstest einfach nur du
selbst sein, aber eben super, verstehst du? Be yourself but at its top!...«