Oberwelt e.V. Reinsburgstrasse 93 D 70197 Stuttgart Tel. + Fax: +49 711 6150013 Email: kontakt[at]oberwelt.de Web: www.oberwelt.de




18. 2. 06: Autoren und andere Passagiere bei der Lektüre der druckfrischen Ausgabe von Oberwelt-aktuell auf der Fahrt
nach München

Ausstellungsaufbau in der Lothringer 13:
Plakatieren des Beitrages von Kathrin Wörwag

v.l.n.r: Evaluations- Wein von Kurt Grunow, Betriebsausflug-
Laster von Andreas Mayer-Brennenstuhl, Mobile von Uta
Weyrich, Oberwelt-aquarium von Till Franitza

Klon, Screenshots von Wotörwoerld sowie individuelle und kollektive künstlerische Beiträge von Oberweltmitgliedern und
ausgewählten Gästen. Hier im Fenster: Spazierstock von Julia Wenz

Merchandising-stand von We sell our souls mit Deadly-
Moshämmers-Fan-Artikeln.

Drucksachentisch

Screening von "Individuality is a monster" von Astrid S. Klein



Oberwelt aktuell im Fenster der program angels /
lothringer 13 / laden.

Wotörwoerld im Klon

Wotörwoerldscreenshot in Videobeitrag von Steffi Reling

Kundin lässt Locke für Deadliy Moshämmers-CD

Hannes Trüjen placing painting placement display
Ein Laden - Zwei Kosmen

Oberwelt und Dein Klub

von 18. Februar bis 21. April 2006 sind Oberwelt und Dein Klub mit den Wotörwoerld-Dreharbeiten im Klon zu Gast im Laden der Lothringerstr. 13 bei den program angels in München. Anlässlich der Präsentation und öffentlichen Reflektion unserer Vereinsarbeit und von Einblicken in die künstlerischen und sonstigen Aktivitäten eines großen Teils der Mitglieder zeigen wir in Stuttgart aufs Schaufenster bezogen parallel Ausschnitte dieser Sammlung.
Im Zuge der Veranstaltung ist "Oberwelt aktuell" erschienen, die Oberwelt im Tageszeitungsformat, das die Präsentation zusammenfasst und vielfältig ergänzt.
Mit Beiträgen, die weit über den Tag hinaus Aktualität und Gültigkeit haben, kostet die verbliebenen Exemplare nur je 43 Cent bzw. 2,50 Euro mit Versandkosten. Zu bestellen über die Kontaktadressen auf dieser site.
english version

Diana Ebster, program angel

Die optimale Varianz – oder zur Kosmologie selbstorganisierter Kunsträume und unabsehbarer Kunstwerke

Ich gebe es zu, der Titel ist geklaut. Der Begriff der „optimalen Varianz“ gehört einem der aktuellen Beiträge eines Wirtschaftsmagazins, das sich dem Thema der Komplexität verschrieben hat. Dessen Interesse, sich offen gegen Vereinfachung auszusprechen, scheint passend für die Beschreibung von künstlerischen Organisationsformen wie der Oberwelt e.V. Die geht so weit den eigenen Jubiläumskatalog zum 30jährigen Bestehen „eine Gebrauchsanweisung“ zu nennen: „Die Oberwelt ist eine öffentlich zugängliche Apparatur, deren Bedienungspersonal im Laufe von Jahren wechselt.“ An diesem Bedienungspersonal liegt es also. Der Raum ist immer nur die leere Hülle, sie wird gefüllt mit einem Gesamtkomplex an Ideen, und je mehr an Diskursen sich daran anklinken lassen umso besser. Spezialisierung war gestern. Vom neuen Rezipienten wird mehr verlangt als nur bloße Ergebenheit, er ist Teil der Produktion.

Selbst beschreibt sich die Oberwelt auch schon mal gerne als „Kosmos“ und gar nicht so unähnlich haben, die program angels des lothringer13/laden im vergangenen Oktober zum 5jährigen Bestehen ihres Kunstraumes die Offenheit des Programms, dessen unspezialisierte Vielfalt und das permanente Switchen zwischen den Ebenen der Präsentation, der Produktion, des Zitats und der Kritik, der Diskussion, Reflexion und erneuten Verunklärung als Qualität beschrieben. Damit verbunden ist immer auch das Prinzip des Teams oder der Gruppe. Mit dem nicht hierarchischen Handlungsmodell des Mehrpersonenkonstrukts hat sich nicht nur die Organisation von Kunsträumen, sondern auch das Modell vom genialischen Künstler, der für sich alleine schöpft und die Vermittlung dem Markt oder der Kritik überlässt, verändert.

Eines der langfristiger angelegten Projekte der Oberweltkünstler Peter Haury und Jens Hermann ist Wotorwoerld. Wotorwoerld ist das Trash-Remake des monumentalen Hollywood-Endzeitepos „Waterworld“ von Kevin Costner. Die Dreharbeiten dazu realisiert „Dein Klub“ seit 2002 im Klubraum der Oberwelt (vormals Abstellkammer) mit eigenen Mitteln. Auf Tour gehen die Dreharbeiten im „Klon“, einem maßstabsgetreuen Nachbau dieses Klubraums.
Es ist bezeichnend, dass sich dieser Komplex nicht eindeutig zuordnen und in seinem Mehrwert klar definieren lässt. Er ist in sich – vor allem im Verhältnis zu einem klassischen Werkbegriff - ein vielgestaltiges Gebilde und es ist folgerichtig in Ordnung, dass sich das Projekt nicht unmittelbar vollständig transzendieren lässt.

Zwar lässt sich auch über Wotorwoerld eine theoretische Diskussion des Remakes, der Re-Inszenierung, oder der Appropriation, als künstlerischer Strategie kritischer Aneignung, werfen, aber nachdem in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts alles konzeptualisiert wurde, lässt sich eine neuer Hang an der Verknüpfung des unauflösbar Heterogenen rechtfertigen. Wotorwoerld zeigt optimale Varianz an künstlerischen Mittel und Sujets. Wotorwoerld verbindet als Werk unterschiedliche Formen, die von der Aktionskunst über Video, Performance, Installation bis zur Konzeptkunst reichen. Das Projekt formuliert nichts fundamental Neues. Die künstlerische Aneignung alltagsweltlichen Materials ist ein alt bewährtes Spiel in der Kunst des 20. Jahrhunderts, und nicht erst die Pop Art hat die Praxis der Bezugnahme, das Aufgreifen kommerzieller Vorgaben und deren künstlerische Neuinterpretation salonfähig gemacht. Das Thema Film, als Kultur prägender und Weltbild und Wahrnehmung beeinflussender Medienmaschinerie ist breit diskutiert. Die Erfahrung bei Wotorwoerld - umso mehr, wenn der passive Kunstbetrachter zum aktiven Akteur des Remakes wird – bleibt aber eine jeweils eigene. Aus der Involviertheit entstehen eigene Motive. Das alles vor dem Hintergrund der gefloppten Bemühung Costners ein Endzeitepos mit grünen Botschaften zu stiften.
Diese Botschaften werden durch die Übernahme der Tonspur und den eindrucksvollen Text des Films beibehalten. Die Bildebene dazu aber wird vollständig neu erzeugt und folgt anderen Regeln. Durch das permanent wechselnde Personal des Films, in den nicht nur die Künstler und deren Freundeskreis, sondern auch das Publikum eingebunden sind, verschiebt sich jede Identifikation mit den filmischen Figuren. Das mit improvisierten Mitteln erzeugte Bild der Handlung könnte dem perfekten Illusionismus der Hollywood-Unterhaltungsindustrie nicht ferner stehen. Die Distanz zwischen bildproduzierender Industrie und Konsumenten ist aufgelöst.
Zugleich wird das „Werk“ aber nicht beliebig, wenn Jens Hermann und Peter Haury alle Drehtermine steuern und so den großen Zusammenalt des Differenten im Blick haben. Ein Ergebnis wird neben einem neuen Film, vor allem eine Unmenge von performativen Situationen sein, die Teil dessen sind.
In dem Kosmos von Wotorwoerld lässt sich der Blick gegen alle Richtungen wenden und wenn man so will ist man mitten drin, um von dort aus weiter auf die Oberwelt zu sehen.
Rund um die Installation des Klons sind im Ausstellungsraum zahlreiche ausgewählte Projekte von Künstlern des Stuttgarter Netzwerks Oberwelt e.V. zu sehen, die als Satelliten den Kosmos erweitern.
Und noch eine letzte Weisheit aus dem Wirtschaftsmagazin als Rat für den Kunstbetrachter: Mit Komplexität umzugehen heißt die Rationalität des Alltags hinter sich zu lassen. Nein das muss man nicht Esoterik nennen.“

Diana Ebster

24. Januar bis 28. Februar 2006
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from February 18th to April 21st 2006 Oberwelt and Dein Klub with the Wotörwoerld-project in its clone is guest of the "shop" of the art space "lothringer str. 13 at the program angels in munich. During the presentation and public reflection our work in Oberwelt and of glances into the artistic and other activities of a big part of the members we show in Stuttgart parallelly parts of this collection in the window. There´s also edited the newspaper "Oberwelt aktuell", bringing together many aspects of the presentation. The price is 43 cents and it can be ordered for 2,50 Euro included shipping via the contact adresses on this site.
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