Der schnelle Bergfluss
„Maschavera“ windet sich um das Dorf Kasreti im südlichen
Georgien und bildet rein geografisch einen Rahmen um den Ort.
Man erzählt sich, dass zwei Schwestern, Mascha und Vera, darin ertrunken
seien.
Diese und andere Geschichten greift Lisa Biedlingmaier auf, um ein Portrait
des Dorfes, in dem sie bis zu ihrem 13. Lebensjahr aufwuchs, fotografisch
zu inszenieren.
An Orten, an denen Menschen sehr eng bei einander leben, an denen es kein
kulturelles Angebot gibt, werden Gerüchte, Geschichten und Mythen,
sowie Intrigen und Feindschaften zu Selbstläufern, sie besitzen Unterhaltungswert
und nehmen ein weites Beschäftigungsfeld ein.
Das Unheimliche ergibt sich durch den begrenzten Lebensraum. Die Menschen
beobachten sich gegenseitig sehr genau, die aufbrausende Mentalität
der Georgier führt dazu, dass man die Dinge detailliert und emotional
wahrnimmt. Die Ehre spielt auf allen Ebenen eine grosse Rolle. Man wird
dazu angehalten, Position zu beziehen.
Lisa Biedlingmaier interessiert in ihren Inszenierungen der Zustand des
Ungewissen; man fragt sich, was wohl zuvor passiert ist oder wo es hinführt.
Der Kippmoment in eine heile Welt oder ins Unheil, aber auch dokumentarische
Hinweise auf Eigenheiten und kulturelle Besonderheiten sind Thema in der
fotografischen Auseinandersetzung mit dem georgischen Dorf.