(english) In den essayistischen Dokumentarfilmen
von Helmut Herbst wird die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts lebendig
und stellt Bezüge zu künstlerischen Praktiken der Gegenwart
wie Culture Jamming und Subversion, Appropriation und E-Comics her.
Seit den frühen 1960er Jahren kombiniert Helmut Herbst Verfahren
des Experimental- und Animationsfilms, um das Verhältnis von Kunst
und Politik neu zu formatieren. Im Rahmen dieser institutionsübergreifenden
Zusammenarbeit stellt Herbst auch seine Trilogie zur Kunstgeschichte
des 20. Jahrhunderts vor: "Obwohl zwischen 1969 und 1981, in einem
zeitlichen Abstand von 8 und 4 Jahren nacheinander entstanden, erscheinen
die 3 Dokumentarfilme DEUTSCHLAND DADA (1968/69), JOHN HEARTFIELD, FOTOMONTEUR
(1977) und HAPPENING, KUNST, PROTEST 1968 (1981) heute als thematisch
und formal aufeinander bezogene Trilogie zur Kunstgeschichte des 20.
Jahrhunderts. Sie gingen aus einer jahrelangen Beschäftigung mit
den aufmüpfigsten Äußerungen deutscher Künstler
hervor. Die Frage Was geschieht beim provozierten Zusammenprall
von Kunst und Gesellschaft?' zieht sich als roter Faden durch alle drei
Filme." (Helmut Herbst) Durch den engen Kontakt zu Künstlern
wie Raoul Hausmann, aber auch die Zusammenarbeit mit dem Archiv Sohm
entstanden authentische Filmdokumente von unschätzbarem kunstwissenschaftlichen
Wert und großer formaler Qualität, deren Relevanz und Virulenz
bis heute spürbar sind.
Biographie Helmut Herbst:
1934 geboren, ist Helmut Herbst einer der profiliertesten Filmemacher
Deutschlands mit Schwerpunkt auf Experimental- und Animationsfilm. Ende
der 1950er Jahre studierte er u.a. Malerei in Paris. Seine filmische
Arbeit begann bereits Anfang der 1960er Jahre mit dem Film "Kleine
Unterweisung zum glücklichen Leben". Er war maßgeblich
an der Idee des "anderen Kinos" beteiligt und Gründungsmitglied
der "Hamburger Filmmacher Cooperative", die das deutsche Undergroundkino
geprägt hat. Herbst arbeitete auch viel für das Fernsehen
- insbesondere für die Panorama-Redaktion des NDR. Dabei entwickelte
er neue Filmtechniken und untersuchte die Geschichte des Films, indem
er u. a. ein Buch über den Filmpionier Guido Seeber veröffentlichte.
Er gründete die Firma Cinegrafik, für die ab 1970 Franz Winzentsen
als Partner mitarbeitete. Von 1969 bis 1979 war er Dozent an der Deutschen
Film- und Fernsehakademie Berlin und von 1985 bis 2000 Professor an
der HFG Offenbach. Zu seinen Studenten gehörten u.a. Corinna Schnitt
und Oliver Husain. Heute lebt und arbeitet Herbst in Brombachtal-Birkert
im Odenwald.
John Heartfield, Fotomonteur, 1977, 60 min., 35mm auf DVD
Regie: Helmut Herbst
Buch: Helmut Herbst mit Eckhard Siepmann und Tom Fecht
in Zusammenarbeit mit Gertrud Heartfield
Premiere: Elefanten-Press-Galerie, Berlin, 1977
Fernseherstausstrahlung im WDR am 08.04.1977
Preis der Filmkritik, Oberhausen 1977
Auszeichnung beim Festival in Nyon
"...Still, Herbst shows Heartfield as a preeiminent man of his
times. Speculating on the social meaning of the collage techniques first
introduced by Picasso and Braque, Herbst observes, that 'assemblage
runs like a red thread through the art of the 1910-1930 period' (Why
stop there?) and wonders what a Heartfield working in video might accomplish.
Appropriately, the film is itself an assemblage, interpolating sequences
from Eisenstein's 'October' and Walter Ruttmanns 'Berlin' as well as
stepprinted newsreel footage and the sort of animated collage that used
to be practiced by Stan Vanderbeek and Richard Preston. Although occasionally
overwrought, Herbst's techniques are as playful as they are apposite.
In the normally staid field of art documentaries, 'John Heartfield,
Photomontagist' breaks ground as an unusually lively, thoughtful, and
stimulating effort."
(John Hobermann, in Village Voice, New York, Februar 1983)