(english)“œconomy, an already tumultuous
landscape where phantasms cross” bringt eine internationale
Gruppe junger Kunstschaffender zusammen, die beständig und konsequent
eine Werkgruppe entwickeln, die sich kritisch mit ökonomischem Wissen
auseinandersetzt.
Eine Gruppe von Werken von Carl & Pontus Olsson und Tobias Sternberg
untersucht neue Metaphern, die die sehr eigentümliche Ökonomie der
Kunst behandeln;
eine andere Konstellation von Arbeiten von Apparatus 22, Anca Benera
und Arnold Estefan, Radu Cioca, Farid Fairuz, Goldin+Senneby und Wooloo
produziert Erzählungen in einem ausgedehnteren Bereich wirtschaftlicher
Fragestellungen.
Indem sie dem grenzüberschreitenden Wissen von "Ersatz"-Ökonomie -
in den gedanklichen Ansätzen von akademischen Wirtschaftswissenschaftlern
wie Jack Amariglio, David F. Ruccio, Arjo Klamer* - spezielle Aufmerksamkeit
leiht, bietet uns die Auswahl der Arbeiten nicht nur Wissen und ästhetische
Erlebnisse an, sondern auch die Möglichkeit, (wenn auch manchmal in
kleinerem Maßstab) die gegenwärtige Gesellschaft zu verstehen.
Weil sie einer einheitlichen Argumentation und Beweisführung entbehrt,
die wissenschaftlicher Forschung eigen ist, wird die sogenannte "Ersatz-Ökonomie"
(Wirtschaftslehre, die außer-akademisch verstanden und erklärt
wird, in diesem Fall durch Künstler) von den meisten Forschern als
nicht-diskursiv und irrelevant abgelehnt.
Doch indem sie das durchsickernde, Unruhe stiftende Potential dieser
besonderen Form des Erzählens untersucht, würdigt die Ausstellung
solche Beiträge als Basis für erfrischende Untersuchungen wirtschaftlicher
Prozesse; durch eine subversive Interpretation schaffen die Werke
eine Verschiebung, imaginieren neue Narrative und etablieren Gegenmodelle.
* "The transgressive knowledge of "ersatz" economics"
Artikel von Jack Amariglio and David F Ruccio in "What do economists
know? new economics of knowledge" Routledge, 1999
Apparatus 22 - "Portraying Simulacra"
(Nachahmungen porträtieren)
Objekt (variable Größen) & digitaler Online-Fragebogen
2012 – 2013
Apparatus 22’s “Portraying Simulacra” digitaler
Fragebogen über die verstörende und illusorische Welt des
FAKE (der Fälschung/des Imitats) verwebt spannungsvolle Positionen:
Scham und Faszination, Poesie und Betrug, Ordnung und Unordnung. Fake
und seine zahllosen Metamorphosen und Tarnungen in Mode, Kunst, Tourismus,
Musik, Medien, Sex-Spielzeugen, Ernährung usw. werden von einem
Fragebogen dekonstruiert, der eine wissenschaftliche Forschung vortäuscht,
während er seine Grenzen großzügig ausweitet; als
Wichtigstes enthält er sehr verschiedene Funktionen und visuelle
Formen: Der Fokus sind nicht die Ergebnisse der Überprüfung,
sondern ein aktuelles Beantworten der Fragen als ein Weg der Reflektion
der hintergründigen Folgen, die FAKE den Alltagen der Beantworter
unterschiebt. Desweiteren wird eine überwältigende Schicht
von Bildlichkeit beigefügt, um Potentiale für Querverweise
zum wiederkehrenden Motiv des FAKE zu erschließen.
Anca Benera & Arnold Estefan - “Bilateral agreement”
Installation (A4-Ausdrucke, Holz, Fotografien), variable Größe,
2013
Die von Fidel Castro und dem früheren rumänischen Diktator
Nicolai Ceaucescu unterschriebenen Kooperationsvereinbarungen beinhalteten
ein Geld-Darlehen, das heute 1,2 Milliarden Dollar wert ist.
Kuba bestreitet jegliche Verpflichtung, dieses Geld zurückzuzahlen,
weil es den Abbruch mit dem Ende des Sozialismus beansprucht.
Die von Anca Benera und Arnold Estefán zusammen mit einem Rechtsanwalt
konzipierte bilaterale Übereinkunft schlägt vor, diese Schulden
für die Zeit zu erlassen, in der Kuba sozialistisch bleibt. Ein
Brief, der dieses Übereinkunftsangebot enthält, wurde per
Post an die Nationalbank Kubas geschickt und eine eventuelle Eingangsbestätigung
wird dem Werk hinzuzufügen sein, das humorvoll aufzeigt, dass
jeder Versuch, Veränderungen aufzuhalten, zum Scheitern verurteilt
ist.
Radu Cioca – “Goldene Schuhe für goldene
Wege”
gravierte Bronze, Leder, Gummi, Lack, schwarzes Glas, 20 x 55 cm,
2010
Indem er einen einfachen Gebrauchsgegenstand- ein Paar Schuhe - nimmt
und eine glänzende Goldsohle als ein Mittel, finanzielle Potenz
zur Schau zu stellen, hinzufügt, kommentieren Radu Cioca und
seine Arbeit "Golden shoes for golden routes" die Institution
der Nouveau Riche (Neureichen). Produkt der eher neuen Wirtschaftsordnung
in den post-kommunistischen Ländern wurde die osteuropäische
Nouveau Riche zu so etwas wie ein öffentliches Gespött für
schamlose Selbstdarstellung, übertrieben glamurösen Lebensstil
und geschmacklose Zuschaustellung von Wohlstand in einer Periode,
die von einer tiefen wirtschaftlichen Krise gezeichnet ist.
Über Individualismus, Werte, Leistung, Hoffnungen und Status,
über den Kontrast zwischen Realität und ihre Projektierung
.
Farid Fairuz– “AFIFARID”
Video Performance (8’ 57’’), eine veioza arte Produktion,
2011
Das “AFIFARID” Video von einer Performance, die Farid
Fairuz im größten Einkaufspassagen-Komplex in Bukarest
aufführte, ist ein verdrehter Angriff auf das vereinnahmende
Programm des Shopping. Im Inneren der Mall agierend - diesem zeitgenössischen
Kolosseum des Konsumdenkens - wird seine Erscheinung als Maskottchen
schnell in einen Akt von verirrtem Schamanismus verwandelt, um der
totalen Leere unseres Lebens in einer Shopping Mall zu entkommen.
Überangebot, Massenwarenkultur, Mainstream-Sexualnormen und Männlichkeit
werden von dem karnevalesken Maskottchen humorvoll aber gnadenlos
hinterfragt. In einem Stuttgart, das von Malls erstickt wird, haben
die Belange und Fragen, die von Fairuz aufgeworfen werden, eine gesteigerte
Aussagekraft und Dringlichkeit.
Goldin+Senneby – “Looking for Headless”
(Kopflose suchen)
Buch (Prolog und Kapitel 1- 5), geschrieben vom fiktionalen Autor
K.D, 2007 – fortlaufend
Der Roman “Looking for Headless” ist ein entscheidender
Teil der Langzeit-Erforschung der juristischen Konstruktion von Finanzzentren
in Offshore-Steueroasen in der komplexen Serie "Headless"
von Goldin+Senneby. Die Untersuchung, die das Künstler-Duo über
eine Übersee-Firma in den Bahamas anstellt, hat den Hintergrund
des ent-territorialisierten Flusses von Finanzkapital, das alle Hindernisse
auflöst und sie für unbegrenzte Marktspekulationen und beunruhigende
Habgier öffnet.
In dieser hybriden Geschichte, die als doku-fiktionales Mord-Myterium
gelesen werden kann, wuchern der Wirtschaftswelt entlehnte Auffassungen,
sowohl als eine alternative Kartografie von Geschäftsbeziehungen
der Übersee-Briefkasten-Firma mit organisiertem Verbrechen als
auch mit der als Acéphale bekannten, in den späten 30ern
von George Bataille gegründeten Geheimgesellschaft.
Der ganze Roman, geschrieben von Autor K.D. soll 2014 erscheinen.
Carl & Pontus Olsson – “Expensive Fiasco /
Cheap Success (diagram)” (Teures Fiasko
/ billiger Erfolg (Diagramm))
Installation (Schwarzes & Weiß Vinyl auf Wand), 2012 - fortlaufend
Carl & Pontus Olssons “Expensive Fiasco / Cheap Success
(diagram)”, ist die fortgesetzte Visualisierung einer Langzeitserie,
initiiert 2010 durch die verstorbene Ioana Nemes, und arbeitet sowohl
als Hommage an eine Künstlerfreundin als auch berührende
Erkundung, wie in der autonomen Nische des Kunstbetriebs unbarmherzig
Wert verhandelt und erneut verhandelt wird.
Die Serie von Neon-Arbeiten gedachten wir über eine Periode von
zehn Jahren zu entwickeln und sie ist an Kunstsammler, die artfacts.net
konsultieren, adressiert, auch wenn sie gegen die wirtschaftliche
Logik arbeitet, auf der der Index basiert, weil der Preis der Arbeit
an das Ranking von Ioana Nemes angeglichen ist. Je höher das
Werk von Ioana Nemes die Hierarchie erklommen hätte, desto günstiger
wäre das Werk, und umgekehrt, je stärker ihr Abstieg in
der Klassifikation, desto höher der Preis der Arbeit.
Ioana Nemes’ Position im artfacts.net-Index folgend ist das
Digramm eine Gedanken provozierende Geste zu Themen wie Relevanz/Veraltetheit,
Gedächtnis und wie physisches Verschwinden Akzeptanz beeinflusst,
Verbreitung und Wertschätzung eines künstlerischen Werks
usw.
Tobias Sternberg – “Independent Art Objects”
(unabhängige Kunstobjekte)
Skulptur, 95x58x48cm, 2013
Tobias Sternberg präsentiert eine große, speziell
für Oberwelt geschaffene Skulptur der Serie “Independent
Art Objects”. Das Werk kann von jedem Besucher aus der Galerie
mitgenommen werden, aber es kann schlicht nicht besessen werden. Durch
Einschreibung ihrer Identität als “Independent Art Objects”
in die Werke selbst, mit einem Text, der erklärt, dass "sie
freie und unabhängige Objekte sind, die nicht besessen, gekauft
oder verkauft werden können, und von daher auch nicht gestohlen",
leiht Sternberg im Grunde seine Objekte denjenigen, die sie jeweils
im Moment bei sich haben.
Indem Sternberg eine solche Skulptur mit einer Reiseroute, die weder
vorhersagbar noch verfolgbar ist, in die Welt freilässt, macht
er eine ungehörige Geste begrifflich fassbar, die die Grenzen
von in der Kunstwelt und über sie hinaus so hoch verehrter Eigentümerschaft
überflutet.
Wooloo – “WE NEED YOU NOW (MORE THAN EVER)”
("Wir brauchen Euch jetzt (mehr denn je)")
Video-Performance(4’50’’), 2012
In Kenntnis der immensen finanziellen Macht der katholischen Kirche
hoffen das Wooloo-Kollektiv und seine Gäste auf ein Zeichen höchster
Großzügigkeit, indem sie die katholische Kirche bitten,
vor einem modernen Ruin auf der Grundlage dieser endlosen Wirtschaftskrise
zu retten. Von seinen Autoren als "ein Wohltätigkeitsmusikvideo
für die europäische Wirtschaft" bezeichnet, ist das
Werk ein verführerisches Zwinkern für utopisches Erörtern,
das gleichzeitig überhaupt nicht deplaziert klingt. Performer:
Carsten Höller, Gregor Wroblewski, Katerina Gregos, Lillibeth
Cuenca Rasmussen, Mark Sladen, Mikhail Karikis, Pilvi Takala, Ursula
Mayer, Wim Delvoye & Wooloo.
KILOBASE BUCHAREST
Im Dezember 2010 von Dragos Olea (*1979) und der kürzlich verstorbenen
Ioana Nemes (1979 bis 2011) als nomadisches Galerien-Projekt gegründet,
zielt KILOBASE BUKAREST energisch darauf ab, Begrenzungen und Ausdehnung
des Kunstbetriebs, sowie den Einfluss von Künstlern in ihm sowohl
mit den Inhalten von Projekten und Ausstellungen, als auch durch bestimmte
Vorgehensweisen auszuloten. Drei Haupt-Interessensgebiete sind Ökonomie,
Bukarest und Queer.
Ausstellungsdesign in Zusammenarbeit mit Liste Noire (Rumänien)
Eröffnung Freitag, 6. Dezember, 19.00 Uhr
Ausstellung bis 30. Dezember
Montag 21.30 bis 24.00 Uhr u.n.V. unter 0711-650067
Mit besonderer Unterstützung
Für “Portraying Simulacra” hat Apparatus 22 außerdem
großzügige Unterstützung erfahren durch den Kreis
der Freunde von Apparatus 22 2013 – 2014:
Stefania Magidson & Blue Heron Foundation
| MATT DESIGN | Augustina
& Ioan Dumitrascu | Laura Paraschiv
| The Ratiu Family Charitable Foundation
| add – business chance on art | Geber,
die anonym bleiben möchten.