GRACKX
Ein böses Knirschen in der Welt.
Der Coronavirus gehört nun auch dazu.
Monika Drach hat in der Oberwelt eine Installation erstellt, die am Freitag, dem 13. März eröffnet werden sollte ... nun knirscht es aber so gewaltig in unserer Welt, dass wir die Tür unseres Ausstellungsraums geschlossen halten wollen. Zu unserer aller Sicherheit.
In der Installation wird die aktuelle Weltlage thematisiert – auch der neue Virus taucht hier auf. So schaffen wir nun das dazu passende Ausstellungsformat: Die Ausstellung hinter geschlossenen Türen. Die Welt schottet sich ab – und so ist die Installation von Monika Drach jetzt um so aktueller.
Vivien Sigmund (Kunsthistorikerin, Stuttgart) zur Installation GRACKX von Monika Drach:
Wie mag das wohl klingen, wenn es knirscht im Gebälk der Welt? Was hat schmelzendes Eis für einen Klang und wie klingt soziale Eiseskälte? Welches Geräusch entsteht, wenn Demokratien stolpern, Menschen shoppen und Machthaber poltern?
Für die Künstlerin Monika Drach ist das böse Knirschen in der Welt ein feines, leises Geräusch, ein unheilvolles, fast schon comichaftes Grackx.
Grackx also ist Titel und Programm dieser Ausstellung und bleibt doch imaginativ. Stattdessen modifiziert die Künstlerin mit einer Vielzahl geschickter ästhetisch-assoziativer Setzungen aus unterschiedlichen Materialen den Ausstellungsraum in einen sperrigen, leicht chaotischen und überaus fragilen Gedankenraum voller Zeichen und Verweise, der über den Zustand unserer Welt sinniert.
Die Anhäufungen internationaler Zeitungen auf dem Fensterbrett geben uns in ihrer orientierungslosen Unordentlichkeit einen klaren Fingerzeig. Sie holen das aktuelle Weltgeschehen in den Raum hinein, aber ordentlich stapelbar scheint die schwere Kost nicht zu sein. Die Meldungen aus aller Welt sind konsequent im Rutschen begriffen. Ein paar hervorblitzende Coronavirus-Meldungen verdeutlichen, warum die Tür der Ausstellung geschlossen bleibt. Im Innern versperren grellorange Zaunelemente ohnehin Sicht und Weg. So also fühlt es sich an, ausgegrenzt zu werden. Ist das noch Grenze oder schon Schleuse? Eine ganz neue Frage. Die Rollständer jedenfalls scheinen die Antwort nicht zu kennen, so verlegen, wie sie da rumstehen.
Was sieht man noch?
An der Wand Textfragmente von Victor Hugo. Unlesbar von da, wo wir stehen. Plötzlich fühlen wir uns kurzsichtig. Nur die im Ventilatorwind flatternden Plastikplanen nehmen wir deutlich wahr. Sie verströmen die traurige Aura nie fertiggestellter Bauprojekte.
Was sieht (und hört) man (eher) nicht?
Auf einer Fotografie ein merkwürdig verkeiltes Gerüst, das sich in den realen Raum ausdehnt. In seiner Verquertheit wirkt das Ganze mehr wie Schiffbruch, denn wie Fortschritt. Vierkanthölzer, die die Barbesucher, würde es sie geben, gängeln würden, ein Personenleitsystem also, was für ein Wort. Die Projektion einer Eule, Symbol der Weisheit und Botin des Todes zugleich, lautlos, allsehend, ephemer. Ein Knurren, das einem von Zeit zu Zeit ans Ohr dringt.
Angsteinflößend wölfisch, vielleicht aber auch aus Angst geboren, wer kann das schon wissen. Dieses beiläufige Summen im Raum, das klingt als wollte sich jemand Mut machen. Lauter unsichtbare Bedrohungen.
Aber die Künstlerin meint es gut mit uns: „Mind the Gap“, warnt sie fürsorglich. Und man fragt sich angesichts all der Absperrungen, ob es wirklich die Lücke ist, vor der wir uns in Acht nehmen sollten.
Besichtigung der Ausstellung bis 2. Mai online und durchs Fenster
www.monikadrach.de