(english version) Das Handwerk ist ein Ausgangspunkt der Kunst von Ute Fischer-Dieter. Durch intuitives Abrufen von Erlerntem und dem aktiven Ausprobieren der Möglichkeiten dessen, was
gemeinhin als „gutes Handwerk“ bezeichnet wird, lotet Fischer-Dieter dieses aus. Es ist
eine performative Herangehensweise, bei der es nicht darum geht, neue, handwerklich
perfekt ausgeführte Objekte herzustellen. In ihrem Schaffen setzt sich die Künstlerin mit
der in unserer Leistungsgesellschaft präsenten Vorstellung von Perfektion auseinander.
Es gibt kein richtig und kein falsch.
Das wird besonders deutlich beim Herstellungsprozess ihrer Serie „Urnen“. Hier arbeitet
Fischer-Dieter auf der Töpferscheibe, welches ein optimal-symmetrisches Ergebnis
erwarten lässt, dennoch bezieht sie den Zufall und das Experiment mit ein.
Handwerkliche „Fehler“ werden zugelassen und nachgespürt. Als Resultat gleicht kein
Stück dem anderen.
Ebenso die Porzellanplatten: Sie werden mit unterschiedlichsten Werkstoffen wie
Büttenpapier, alten Stoffresten und Spüllappen geprägt und manipuliert.
Generell arbeitet die Künstlerin bevorzugt mit bereits vorhandenen Materialien. Unsere
Konsumgesellschaft hat schon so viel hervorgebracht, dass Fischer-Dieter möglichst
wenig neue Ressourcen verbrauchen will. Ausrangierte Modemagazine werden recycelt,
mehrfach mit Siebdrucken überdruckt, wodurch das ursprüngliche Motiv zunächst
verweigert, da verdeckt wird. Dabei wird in Kauf genommen, dass sich das Papier, weil
es für die Drucktechnik meist viel zu dünn ist, wellt.
Dennoch, alles hat eine zweite Chance verdient. So erklärt sich auch der Titel der
Siebdruck-Serie, „Schutzräume – do we have a second chance?“
Allerdings belässt es die Künstlerin nicht beim bloßen Überdecken der Magazinseiten. In
einem zweiten Schritt werden die präparierten Seiten durchleuchtet und abfotografiert,
wodurch die ursprünglichen Bilder wieder schemenhaft, jedoch überlagert und dadurch
neu hervortreten. Auf diese Weise spürt Fischer-Dieter der Kraft und Energie des
ehemals aussortierten, vorgefundenen Materials nach und gibt ihm eine neue
Existenzberechtigung zurück.
Das Schaffen der Künstlerin wird stets begleitet vom Suchen, Reflektieren,
Weitermachen und Hinterfragen. Die Werkgruppen resultieren aus zahlreichen Quellen
und Erfahrungswerten mit unterschiedlichen Charakteren. Dennoch ist alles miteinander
verwoben, da eines aus dem anderen entsteht.
Dr. Judith Knippschild
Eröffnung Freitag, 15. Dezember, 19:00 Uhr
Besichtigung der Ausstellung bis 1. Januar nach Vereinbarung
Dank: Yvette Hoffmann (Werkstattleitung Künstlerhaus Stuttgart), Florian Model (Support Neue Medien)