(english version below) Notes on Labour and Longing (Bemerkungen zu Arbeit und Sehnsucht) versammelt eine Reihe von fotografischen Arbeiten von Richard Hancock auf - und mit - Papier, die den Körper und seine Spuren als maßgebliches Zusammentreffen von Arbeit und Begehren inszenieren. Zerknitterte Papiere, zerknüllte Betttücher und weggeworfene Planen werden zu poetischen Zeichen gelebter Leben, erduldet und manchmal zurückgelassen. Die in der Ausstellung gezeigten Werke tragen auf leichte Weise die Last des Alltags und bergen eine Menge abstrakter Sehnsüchte.
Richard Hancock ist ein Künstler und Forscher, der von Berlin aus international arbeitet. Seine multi-disziplinäre Praxis widmet sich den Themen Macht, Wert, Einverständnis und Begehren; meist in Verbindung mit Fragen nach sozialer Klasse, Queerness, Abstammung und Herkunft. Historische Narrative, künstlerische Erblasten und Familiengeschichten werden ausgebreitet und als Referenzen gewonnen. Er arbeitet mit der Sprache der Fotografie, Performance, Zeichnung, Installation und Text; erweiterte Formen von Veröffentlichung werden als Orte von Wissen und Übertragung entwickelt.
Seit 2001 untersucht Richard Hancock gemeinsam mit Traci Kelly in dem Projekt hancock & kelly Fragen nach Zusammenarbeit, Identität und Inter-Subjektivität. Ergeben haben sich als Werke eine Reihe von emotionalen und queeren Begegnungen, sowohl ergreifend, als auch spektakulär.
Zunächst als Serie von fünf Plakatdrucken auf Affichenpapier konzipiert, war Richard Hancocks Arbeit Offcuts auf dem Sicherheitszaun einer aufgegebenen Tankstelle gegenüber der Wohnung des Künstlers im Berliner Bezirk Neukölln ausgestellt. Die Bilder zeigen eine in weggeworfenes Papier eingewickelte nackte Figur. Sich auf klassische Malerei und zeitgenössische Werbung beziehend präsentierten die Plakate eine Unterbrechung des Stromes verkaufsfördernder Bilder, die normalerweise den Ort besetzten, und waren eine fragile Erinnerung an seine nicht anerkannten und verwundbaren Bewohner. In den Jahren seit seiner Schließung wurde er zu einem inoffiziellen Schutzraum für Obdachlose, ein Ort, um zu fixen, Partytreff, ein Fotomotiv, Szenerie für einen Mord; ein Drehfenster auf die größeren Probleme der sich gentrifizierenden Nachbarschaft drum herum. Ein Palimpsest von durch Vergänglichkeit, Zerbrechlichkeit und Anonymität gezeichneten Körpern und Papier. Die Bilder hingen zwischen eingerollten Resten von Werbeplakaten und Veranstaltungsflyern; der Witterung ausgesetzte Dokumente, die bis zu ihrem Versagen ihren Dienst tun. Durch das Überführen der Werke von der Straße in die Galerie - vom Werbedruck zum hochwertigen Pigment-Druck - werden weiterführende Fragen nach Wert, Kontext und sich verschiebenden Realitäten von Körpern, Bildern und deren Konsum gestellt.
Benannt nach Virginia Woolfs experimentellem Klassiker ist Die Wellen: Sechs Selbstgespräche eine Serie von gefalteten fotografischen Drucken, die ungestüme Szenen von Bettüchern zeigen. In den engen Ausschnitten der Schwarzweißbilder ahmen die Falten der Bettlaken die visuellen Rhythmen von Wellen nach. Die literarische Herkunft der Arbeiten spielt auf die Faltung der Drucke selbst an, die eine weitere Echoschicht schafft, die die Umrisse der in ihnen enthaltenen Wellen nachklingen lässt. Sowohl endlos dramatisch, als auch schmerzhaft langweilig, zeichnen die Bilder einen Bruch zwischen Hysterie und dem Alltag. Das Melodrama des Meeres und dem Mikrokosmos des Betts werden als Schmelzpunkt menschlicher Affekte inszeniert.
Eine Serie von Dyptichen zeigt Bilder aus Feiertag (Pentecost) — Fotos, die, während einem drückend heißen Feiertag in Berlin aufgenommen, ruhende Arbeit auf einer verlassenen Baustelle dokumentieren — und bezieht sich auf das Arbeitsleben des abwesenden Vaters des Künstlers, der 2012 starb. Für diese Ausstellung wird jedes Bild mit einem Referenzbild paarweise angeordnet, das jeweils in den zwischenzeitlich vergangenen Jahren in der Wohnung des Künstlers aufgenommen wurde.
Die Präsenz in Sammlungen und Ausstellungsinstitutionen befindet sich am unteren Ende des englischen Abschnitts.
www.richardhancock.info
www.hancockandkelly.com
www.linktr.ee/richardhancock
Das hancock & kelly Archive liegt im Special Collections Department an der De Montfort University in Leicester, England.
Archiv-Besuche sollten adressiert werden an: archives@dmu.ac.uk
Eröffnung am Freitag, 4. April, 19:00 Uhr
Besichtigung der Ausstellung bis 3. Mai Montags 21:30 bis 24 Uhr und nach Vereinbarung unter kontakt (at) oberwelt.de