Oberwelt e.V.
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Begrüßung und Einführung durch das Reflexe-Initial- und Orga-Team Ellen Rein und Thomas Ulm









Jeremias Gotthelf




"...dann ist das Bauen eine wüste Sache."
Jeremias Gotthelfs ´Die Schwarze Spinne´

Susa Ramsthaler (Textperformance), Annik Aicher (Vortrag)


(english)Reflexe reloaded. Wir denken Weltliteratur neu. Assoziativ, experimentell, prall. Wir klopfen Akademikerstaub ab und stürzen uns Hals über Kopf in die Buchseiten. Papier rauscht, die Worte tanzen, die Macht der Sprache verrückt uns den Kopf.

Susa Ramsthaler verwandelt »Die Schwarze Spinne« von Jeremias Gotthelf in eine Text-Performance, lässt mit Stimme, Bewegung und Video die Geschichte aufleben und hält am seidenen Faden die Spinnenbrut.

Annik Aicher heftet sich Gotthelfs Satz »dann ist das Bauen eine wüste Sache« filmisch und textkritisch an die Fersen. In einer irrwitzigen Jagd durchs Stuttgarter Stadtgebiet spürt sie die Verödung der Baukultur auf, die sich spinnennetzartig ausbreitet. Krabbeltiere aus Stahl und grauem Beton wuchern und platzen aus dem Kessel. Grau als Modefarbe. Grau als Lebensgefühl farbsaugender Vampire. Sexy Baggerbiss. Augen zu und shoppen.

Samstag, 27. Juni, 19.00 Uhr

Wie bisher bei der Reihe Reflexe folgt auf den Abend mit Vortrag und Lesung die Ausstellung. Oberwelt e.V. lädt dazu Künstler/innen ein, sich mit Jeremias Gotthelfs Erzählung "Die Schwarze Spinne" gestalterisch auseinanderzusetzen.
Das Wort "Reflexe" steht dabei für einen Vorgang der Widerspiegelung, der weniger illustrativ als deutend ist.
Wenn Lesen generell imaginierende "Arbeit am Text" ist, so zeigt die daraus entstehende künstlerische "Arbeit" dies in besonderer Weise. In ihrer Anschaulichkeit wird der Prozess der Durcharbeitung sichtbar, in dem sich das literarische Werk gestalterisch individualisiert.

Ausschreibung der Gruppenausstellung

Dann ist das Bauen eine wüste Sache -
Jeremias Gotthelfs 'Die schwarze Spinne'

im September/Oktober 2015 (Eröffnung am 18. September)

Bewerbungsschluss: 30. August 2015
Anlieferung der Werke: 15./16. September 2015, 18:00 – 21:00 Uhr

Dokumente:


Im Jahr 1842 dem Erscheinungsjahr der Novelle 'Die schwarze Spinne', deren erzählte Zeit sich über sechs Jahrhunderte erstreckt, lebt ihr Autor Albert Bitzius als Pfarrer, im schweizerischen Lützelflüh im Kanton Bern. Bitzius nennt sich seit seinem 1837 erschienenem ersten Roman 'Bauernspiegel' nach der Hauptfigur: Jeremias Gotthelf. Der Name des Propheten Jeremias ist Programm. Denn Gotthelf betrachtet seine Texte als prophetische Warnliteratur. In diesem Text treffen Biedermeier und poetischer Realismus sprachlich brachial auf den Schauerroman der Romantik.

Dem Charakter der Reihe Reflexe als Doppelveranstaltung gemäß (Lesung/Vortrag einerseits, Ausstellung andererseits), lädt Oberwelt e.V. jetzt zur Teilnahme an der Gruppenausstellung Dann ist das Bauen eine wüste Sache – Jeremias Gotthelfs 'Die schwarze Spinne' ein, die im September 2015 in der Galerie Oberwelt e.V. ausgerichtet wird. Sie steht allen Künstlerinnen und Künstlern offen, die sich von dieser sprachgewaltigen Novelle inspirieren lassen wollen.

Im Mittelpunkt der Reihe Reflexe stehen literarische Werke, die international wahrgenommen und entsprechend rezipiert wurden. Das Wort Reflexe steht dabei für einen Vorgang der Widerspiegelung, der weniger illustrativ als deutend ist. Wenn Lesen generell imaginierende Arbeit am Text ist, so zeigt die daraus entstehende künstlerische Arbeit, dies in besonderer Weise. In ihrer Anschaulichkeit wird der Prozess der Durcharbeitung sichtbar, in dem sich das literarische Werk gestalterisch individualisiert.

Aus dem Hand-Out von Annik Aicher:

Jeremias Gotthelf, Die schwarze Spinne, Solothurn 1842

Der Autor, 1797–1854

1842: Albert Bitzius, evangelischer Pfarrer, 45 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder, lebt im schweizerischen Lützelflüh, Kanton Bern.

Bitzius nennt sich seit seinem 1837 erschienenen ersten Roman »Bauernspiegel« nach der Hauptfigur: Jeremias Gotthelf. Der Name des Propheten Jeremia ist Programm. Denn Gotthelf sieht seine Texte als prophetische Warnliteratur.

Der liberal-konservative Geistliche kämpft für christliche Werte und prangert gesellschaftliche Missstände an. Er verurteilt Materialismus, Abkehr vom christlichen Glauben, radikale Politik und Regierende, die Macht an sich ziehen.

Die Novelle, 1842
Jeremias Gotthelf schreibt die Novelle in seinem Pfarrhaus in Lützelflüh. Sie erscheint 1842 im 1. Band der »Bilder und Sagen aus der Schweiz«, zusammen mit »Ritter von Brandis« und »Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli«.

Stil: Biedermeier und poetischer Realismus treffen auf den Schauerroman der Romantik.

Rahmenhandlung: Ein Tauffest im 19. Jh im Emmental, das mit viel Liebe zum Detail als bäuerliche Idylle geschildert wird. Angesprochen auf den merkwürdigen, schwarzen
Fensterpfosten in seinem Haus, erzählt der Großvater die Geschichte dazu.

Binnenerzählung 1: Im 13. Jh knechtet der Ritter Hans von Stoffeln seine Untergebenen.
Für eine schattige Allee sollen die Bauern 100 Buchen auf den Schlossberg transportieren. Um die Aufgabe zu schaffen, geht Christine einen Pakt mit dem Teufel ein. Für seine Hilfe verlangt dieser ein neugeborenes, ungetauftes Kind. Als er es nicht bekommt, lässt er aus Christines Wange giftige Spinnen krabbeln, die Vieh und Menschen umbringen. Schließlich wird Christine selbst zur Giftspinne und tötet jeden, der ihr in den Weg kommt. Eine junge Mutter opfert sich, sperrt die Spinne in einem Loch im Holzbalken ein – und stirbt.

Binnenerzählung 2: Im gleichen Haus herrscht im 15. Jh. eine Frau, die der »Hoffart, dem Hochmute ergeben« war. Ihr Sohn Christen wird von seiner Frau unterdrückt, die Bediensteten piesaken sich gegenseitig. Als ein Knecht am Weihnachtsabend das Loch im Balken öffnet, kriecht die giftige Spinne ins Freie. Sie bringt lange Zeit Tod und Verderben, bis Christen es schafft, sie wieder einzusperren, das aber mit seinem Leben bezahlt.

* Novelle: kurze, pointierte Erzählung eines besonderen Ereignisses.

* Literatur: Suhrkamp Basisbibliothek, Jeremias Gotthelf – Die Schwarze Spinne, Frankfurt/Main 2013, Wolfgang Mieder, Erläuterungen und Dokumente, Jeremias Gotthelf – Die schwarze Spinne, Stuttgart 2008. Gotthelf Zentrum Emmental Lützelflüh: www.gotthelf.ch. Fotos: Annik Aicher, Wikimedia Commons, Text: Annik Aicher, www.fuelmbuero.de.
Film zum Vortrag: https://vimeo.com/130452136




Susa Ramsthaler (text performance), Annik Aicher (lecture)

Satu
rday 27th June 2015, 7 pm






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